Tipps für die Messerpflege
Lange Freude an scharfen Schätzchen
Schneidenwinkel, balliger Schliff, Abziehen, Grat aufrichten: Klar, jeder Kochprofi hat diese Begriffe rund um die Messerpflege schon mal gehört. Aber was hat es damit genau auf sich?
Messer sind das wohl wichtigste Handswerkszeug von Köchinnen und Köchen. Doch wie bleiben Messer trotz intensiver Beanspruchung im Alltag scharf? Wie sichert konsequente Pflege die lange Freude an hochwertigen Messern? Wann ist einfaches Abziehen, wann aufwändigeres Nachschleifen angesagt? Fragen, auf die Messerexperte Alexander Walker aus dem Hause Giesser Messer (Winnenden) im Gespräch mit chefs! die richtigen Antworten hat.
Herr Walker, wie bleiben gute Messer lange scharf?
Walker: Wer lange Freude an scharfen Messern haben möchte, sollte jeden Tag, bevor er mit dem Kochen loslegt, seine Messer abziehen. Das geschieht am besten mit einem feinen Stein oder einem hochglanzpolierten Wetzstahl. So hat man kaum Abtrag von Material, aber stets eine scharfe Schneide und kann schnell, effektiv und ermüdungsfrei mit seinen Messern arbeiten.
Warum ist denn tägliches Abziehen so wichtig?
Walker: Hochwertige Messer zeichnen sich durch gute Schnitthaltigkeit und hohe Belastbarkeit aus. Doch im täglichen Gebrauch stößt das Messer auf mechanischen Widerstand; d.h., selbst die schärfste Klinge nutzt sich ab, und der feine Schneidegrad wird verschoben. Bei jedem Abziehen wird der Grad wieder aufgerichtet und die Schneide egalisiert; sprich ausgleichend repariert. Geschieht das nicht, werden die Schwachstellen in der Schneide immer größer und das Messer verliert immer mehr an Schnitthaltigkeit. Regelmäßig Abziehen verlängert die Lebensdauer eines Messers.
Was ist grundsätzlich zu beachten beim Abziehen mit dem Stahl, wie geht man richtig vor?
Walker: Es genügen normalerweise wenige, gleichmäßige Züge abwechselnd auf jeder Seite der Schneide, damit das Messer wieder scharf ist. Der Winkel zwischen Wetzstahl und Messerschneide sollte beim Abziehen zirka 15 Grad betragen, damit sich ein Schneidewinkel von etwa 30 Grad ergibt. Beim Abziehen wird das Messer schräg gegen den Schnitt über den Stahl gezogen, und zwar abwechselnd links und rechts, locker und mit geringem Kraftaufwand aus dem Handgelenk heraus, in einem möglichst großen Bogen. Es wird immer nur so lange gewetzt, bis sich das Messer gleichmäßig ohne spürbaren Widerstand am Stahl entlangziehen lässt. Zu langes Wetzen bringt keine Steigerung der Schärfe.
Wann reicht Abziehen nicht mehr aus? Wann müssen Messer nachgeschliffen werden?
Walker: Wenn ein Messer an fünf Tagen in der Woche im Einsatz ist, kann so ein Nachschliff alle drei bis vier Wochen nötig sein, damit der gute Schnitt wieder hergestellt wird. Es sei denn, es sind auf der Schneide größere Kerben vorhanden, dann muss schon früher nachgeschliffen werden. Glänzende Stellen auf der Schneide sind ein weiteres eindeutiges Zeichen, dass es höchste Zeit zum Nachschleifen ist – dann ist das Messer stumpf und Abziehen allein bringt nicht mehr das gewünschte Ergebnis.
Welche Hilfsmittel zum Schleifen empfehlen Sie?
Walker: Ich empfehle, das Messer mit einem guten Kombischleifstein zu überarbeiten. Der Kombistein hat eine grobe und eine feine Seite. Die grobe Seite ist z.B. ein französisch-phyrinäischer Schleifstein mit einer Körnung von 1200 Korn und die feine Seite ist z.B. ein Blauer Belgischer Brocken mit 5000 bis 6000 Korn.
Wie geht man beim Nachschleifen konkret vor?
Walker: Der Vorschliff erfolgt auf der gröberen Seite des Kombisteins. Im ersten Schritt wird eine Klingenseite mit Druck über den Stein gezogen, bis die Schneide wieder in Form ist. Alle Verschleißspuren wie Kerben oder glänzende Stellen auf der Schneide müssen bei diesem Arbeitsschritt gerichtet sein. Auch hier ist beim Ansetzen der Klinge auf den Stein ein Winkel von zirka 15 Grad zu beachten. Bei stärkeren Schäden kann am Anfang ein etwas größerer Winkel für effektiveres Arbeiten sinnvoll sein. Je nachdem, wie stark das Messer beansprucht ist, muss man mehr oder weniger intensiv arbeiten, etwa auch mit stoßartigen Bewegungen, bis der Schneidengrat wiederhergestellt ist. Dann wird die zweite Schneidenseite im 15-Grad-Winkel angepasst. Im dritten und vierten Schritt muss das Prozedere ohne großen Druck beidseitig auf der feinen Seite des Steins durchgeführt werden. Dadurch wird der in den ersten beiden Arbeitsschritten aufgebaute Schneidengrad gerichtet und egalisiert. Wer die Schärfe dann noch weiter perfektionieren möchte, greift zum Hochglanzpolierstahl für ein Highend-Ergebnis.
Das ist ein aufwändiges Prozedere! Welche Alternativen gibt es zum Handschleifstein?
Walker: Schneller geht es mit einer speziellen Bandschleifmaschine, aber die ist relativ teuer und erfordert besonderes handwerkliches Geschick. Wegen des relativ hohen Materialabtrags beim maschinellen Schleifen rate ich, Maschinen erst dann zu nutzen, wenn größere Kerben in der Messerschneide vorhanden sind, wenn die Spitze beschädigt ist oder wenn bei geschmiedeten Kochmessern der Kropf nachbearbeitet werden muss. Je öfter wir das Messer schleifen, umso mehr verliert die Klinge in der Breite und umso dicker wird die Stärke vorn im Schneidebereich. Also muss an der Fläche geschliffen werden und der leicht ballige Schliff, den ein scharfes Messer auszeichnet, wieder hergestellt werden. Spätestens dann sollte ein Koch sein Messer zum Fachmann geben, der die richtigen Maschinen und das nötige Know-how dafür hat.
Was ist noch wichtig, damit Messer scharf bleiben?
Walker: Eine sichere Aufbewahrung, um die Schneide zu schützen, vor allem auch beim Transport, sowie eine geeignete Schneidunterlage. Messer sollten direkt nach der Benutzung von Hand gesäubert und getrocknet werden. Jede Feuchtigkeit, die auf dem Metall bleibt, fördert die Rostbildung. Auch Säuren und Reinigungspartikel greifen das Material an. Deshalb gehört ein Messer niemals in die Spülmaschine.
Interview: Sabine Romeis
Fotos: Messer Giesser, chefs!