Daniel Schimkowitsch

Mr. Kaisergranat in der Pfalz

Daniel Schimkowitsch, der Zwei-Sterne-Koch vom Restaurant L.A. Jordan im Ketschauer Hof in Deidesheim, ist ein Produkt-Fetischist. Er liebt Fisch, Schalen- und Krustentiere in Top-Qualität und war schon vor sieben Jahren der erste deutsche Koch, der sich lebende Langustinen in seine Küche liefern ließ

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Daniel Schimkowitsch war noch nie angepasst und hatte schon immer seinen eigenen Kopf. Von der Schule gelangweilt und als Lehrerschreck verschrien, begann er bereits mit Ende 15 eine Koch-ausbildung im Grandhotel Sonnenbichl in Garmisch-Partenkirchen. „Da hat‘s mich einfach gefesselt, vom ersten Augenblick an. Ich bin bis heute von der Atmosphäre in der Küche fasziniert. Koch ist für mich einer der schönsten Berufe der Welt.“ Bei Küchenchef Wolfgang Hartl lernte der 1985 in Fürstenfeldbruck geborene Bayer grundsolides Handwerk, aber für Daniel Schimkowitsch war schon sehr früh klar, „dass ich in die Sternegastronomie will“. Sechs Jahre bei Christian Jürgens, erst auf Burg Wernberg, dann am Tegernsee, haben ihn fachlich geprägt. 2009, mit 24 Jahren, wurde er Küchenchef im Münchener Tramin und erkochte dort 2011 mit Gerichten wie Geschmorte Kalbs­backe mit Kartoffelschaum und Zwiebelmarmelade den begehrten Michelin-Stern. Das Tramin war das erste Casual Fine Dining-Restaurant mit Stern in Deutschland und seiner Zeit weit voraus. Daniel Schimkowitsch wollte mehr. Weil er beim Inhaber mit seinen Plänen auf Granit biß, beendete er nach vier Jahren das Münchener Gastspiel.

Vom Restaurant Freundstück zum L.A. Jordan

Im Zwiespalt zwischen einem Angebot aus Tokio und aus dem Ketschauer Hof in Deidesheim für die Küchenchefstelle im Restaurant Freundstück entschied er sich schließlich für die Pfalz. „Ich hab mir gedacht, ich mache das mal drei bis vier Jahre, und nun bin ich schon fast elf Jahre hier.“ Gründe für die langjährige Treue gibt es verschiedene, der vielleicht wichtigste Punkt: Das in der Klassik verortete Restaurant Freundstück war schnell Geschichte. Dessen Stammklientel konnte den Kochkünsten des tätowierten Newcomers aus der Großstadt wenig abgewinnen. Die Inhaberfamilie aber glaubte an Daniel Schimkowitsch. Sie wagte den kompletten Cut und einen Relaunch des Gourmetrestaurants im Ketschauer Hof. 2015 wurde das neue Konzept L.A. Jordan nach einem gründlichen Facelift der bisherigen Räumlichkeiten aus der Taufe gehoben, und Daniel Schimkowitsch durfte ihm seinen Stempel aufdrücken. Jung, frisch, modern & weltoffen lautete der neue Kurs, und das erklärte Ziel des ehrgeizigen Küchenchefs war es, „mit dem L.A. Jordan kulinarisch etwas zu schaffen, was die Gäste in einer kleinen, aufstrebenden Tourismusgemeinde wie Deidesheim nicht erwarten“.

„Unsere Gerichte sind alle rezeptiert. Ich mache viele Stichproben und halte so das Niveau beim Abschmecken sehr hoch.“

Daniel Schimkowitsch, Küchenchef, Restaurant L.A. Jordan

Sich von der Masse abheben, Vorreiter sein und selbst Trends setzen – das war Daniel Schimkowitsch bereits im Tramin gelungen. Im L.A. Jordan musste er dennoch erst seinen Weg finden. „Anfangs hab‘ ich mich ausgetobt, viel probiert und mich dabei auch an der Arbeit der großen Köche in Deutschland orientiert. Aber das hat mich nicht richtig happy macht.“ Ein guter Freund bestätigte seine Einschätzung: „Daniel, die ganzen aufwändigen Teller – das bist nicht du.“ Nicht zuletzt die Inhaberfamilie bestärkte und unterstützte ihn darin, weiter an seiner Küche zu arbeiten und seinen ganz klaren, eigenen Stil zu finden. Eine Reise nach Japan brachte die Wendung: „Dort habe ich eine Qualität und eine Frische von Produkten kennengelernt, die mich total fasziniert hat. Da war für mich klar: Das will ich auch, genau damit will ich arbeiten!“ Es war das Schlüsselerlebnis für die Entwicklung der L.A. Jordan-Küche von heute.

Spezialist für alles aus dem Wasser

Die japanische Küche fängt beim erstklassigen Produkt an, und auch für Daniel Schimkowitsch ist das exzellente Produkt der Dreh- und Angelpunkt seiner Küche. Wenngleich sein Menü das eine oder andere Gericht mit Fleisch enthält, steht die Küche doch speziell für alles, was aus dem Wasser kommt: Sie bietet Salz- und Süßwasserfische, Schalen- und Krustentiere in einer High-End-Qualität, wie man sie nur in wenigen deutschen Spitzenrestaurants findet. Das absolute Lieblingsprodukt des Küchenchefs ist der Kaisergranat: „Ich liebe Kaisergranat bzw. Langustine, sie ist die Königin der Krustentiere.“ Vor nunmehr sieben Jahren war Daniel Schimkowitsch der erste deutsche Koch, der sich lebende Kaisergranate aus Norwegen in seine Küche liefern ließ und damit einen neuen Standard setzte. Wenig später gab ihm sein Kollege Jan Hartwig den Spitznamen „Mr. Kaisergranat“. Daniel Schimkowitsch hat lange an der Verarbeitung der frischen Krustentiere getüftelt, weil man sie – anders als tiefgefrorene Ware – nicht so leicht aus der Schale lösen kann, ohne dass die Hälfte des begehrten Fleisches im Panzer stecken bleibt. Zudem versteht er par excellence, sein Signature-Produkt glasig auf den Punkt zu garen.

Kinmedai in bester Qualität von den Azoren

Ein weiterer Fisch, der in Deutschlands Spitzenküchen wie kein zweiter mit dem Namen Daniel Schimkowitsch assoziiert wird, ist der Kinmedai. „Den verarbeiten eigentlich nur wir hier, weil er sehr teuer ist, um die 89 Euro das Kilo“, sagt der Küchenchef. Er hat sich in Japan in den Glänzenden Schleimkopf, wie dieser auf Deutsch heißt, verliebt. Sein Lieferant und Foodscout Grischa Euler (Kochstoff fine food) hat den leuchtend roten Fisch für ihn in bester Qualität auf den Azoren entdeckt. In der L.A. Jordan-Küche erfährt der Kinmedai grundsätzlich immer eine Spezialbehandlung, bevor er zubereitet wird: „Wir dry-agen ihn, egal ob wir ihn pochieren oder confieren wollen, weil er dann erst seinen ganz besonderen Geschmack entwickelt. Frisch schmeckt der Kinmedai eher banal und langweilig.“

Mit dem Dry-aging von Fisch knüpft Daniel Schimkowitsch an die Technik der japanischen Sushimeister an, die Fisch je nach Sorte ebenfalls zwei bis neun Tage reifen lassen, bevor sie ihn zu Sushi oder Sashimi weiterverarbeiten. „Dreieinhalb Jahre habe ich mich rangetastet und alle möglichen Fische im Dry-Ager getestet“, erzählt Daniel Schimkowitsch. Sein Fazit: „Bei manchen Fischen macht Reifen keinen Sinn, bei anderen dagegen kommt es sehr, sehr gut, weil sich Geschmack und Aroma verstärken und die Textur gewinnt.“

Das Ziel: jeden Tag ein Stück besser werden

Das L.A. Jordan ist an vier Tagen in der Woche, von Mittwoch bis Samstag, geöffnet. Die elf Tische sind in der Regel sehr gut ausgelastet. Erst recht, seit der Guide Michelin 2023 dem Restaurant den zweiten Stern verlieh. Acht Jahre hat Daniel Schimkowitsch mit seinem Team darauf hingearbeitet. Oft plagten ihn Zweifel, ob es überhaupt zu schaffen ist. „Als es soweit war, ist mir einerseits ein Stein vom Herzen gefallen, dass wir nicht nur von Gästen und Kollegen, sondern nun auch offiziell die Bestätigung bekommen haben, dass unsere Küche auf Zwei-Sterne-Niveau ist. Andererseits bin ich aber auch froh, dass es so lange gedauert hat, weil wir jetzt unseren eigenen Stil haben und genau dafür ausgezeichnet wurden.“ Das nächste Ziel ist gesteckt. Daniel Schimkowitsch: „Ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass ich die Bewertung nicht noch weiter erhöhen möchte. Dazu müssen wir jeden Tag ein Stück besser werden.“

Text: Sabine Romeis
Fotos: Kirchgasser Photography; Leonie Becker