Marrone custom cooking
Hidden Champion unter den Küchenbauern
In vielen deutschen Profiküchen steht bereits eine Herdanlage bzw. Küche vom italienischen Hersteller Marrone, und jedes Jahr kommen 35 bis 40 Neuinstallationen dazu – dennoch ist die Marke hierzulande noch nahezu unbekannt. Wer steckt dahinter?
„Marrone? Nie gehört!“ So oder so ähnlich antworten die meisten deutschen Küchenchefs, wenn sie nach einem Herdbauer namens Marrone gefragt werden. Der Hidden Champion der internationalen Großküchenszene hat seinen Sitz in Zoppola, einer Gemeinde mit knapp 8500 Einwohnern in der norditalienischen Region Friaul-Julisch Venetien. Ganz in der Nähe sind auch eine Reihe anderer Schwergewichte dieser Branche wie zum Beispiel Irinox oder Zanussi ansässig. Marrone wurde vor über 40 Jahren von Vincent Marrone gegründet und hat schon immer Küchen, Cafeterien und Herdblöcke gebaut, allerdings als sogenannter OEM-Fertiger, der seine Produkte nicht selbst vertreibt, sondern für Markenanbieter produziert.
Die heutige Erfolgsgeschichte von Marrone begann 2008, als Maurizio Fantin und Armando Pujatti im Rahmen der Nachfolgeregelung die Firma von Vincent Marrone kauften. Die beiden Jungunternehmer, die zuvor in der Küchentechnikbranche im Vertrieb tätig waren, stellten Marrone neu auf. Dazu ließen sie nach und nach alle Kooperationen mit anderen Partnern auslaufen, um ihre volle Kraft in die Neupositionierung ihrer eigenen Marke stecken zu können. Mit einer kompromisslosen Qualitätsdenke, Weitsicht und einem ausgeprägten Gespür für die Bedürfnisse des Marktes führten sie ihr Unternehmen in Rekordzeit in die Top-Liga der internationalen Küchenbauer. Heute gehört Marrone custom cooking zu den weltweit führenden Herstellern maßgeschneiderter Herdblöcke und Kücheneinrichtungen und gilt als Innovationsführer in diesem Segment.
Rein auftragsbezogene Fertigung
Auf der Referenzliste stehen u.a. Luxushotels und Fine-Dining-Restaurants in aller Welt. Mailand, Stockholm, Regensburg, Dubai, Mauritius, Peking, Singapur, Bangkok, Sydney – auf fast allen Kontinenten sind Marrone-Küchen inzwischen zu finden. Internationale Hotelketten wie etwa Hyatt, Sheraton oder Four Seasons gehören zu den Kunden. Die perfekte Ergänzung zum Geschäft mit Herdblöcken und Kücheneinrichtungen ist die 100-prozentige Tochter Iglu cold systems, die neben Standard-Kühlgeräten auch wiederum passgenaue Klimaschränke für Wein, Dry Aged Meat, Zigarren & Co. baut. Im Jahr 2017 kaufte Marrone noch das australische Unternehmen Phoenix prime focus, das u.a. holzbefeuerte Spezialöfen herstellt.
„Maurizio Fantin und Armando Pujatti machen mit ihrem Vorzeige-Unternehmen Sonderbau in Perfektion. Es gibt weder Seriengeräte noch eine modulare Serienproduktion, sondern nur eine rein auftragsbezogene Fertigung“, sagt Karl Zimmermann. „In all den Jahren, in denen wir jetzt zusammenarbeiten, haben wir nur selten zweimal den gleichen Herd gebaut.“ Karl Zimmermann ist seit 2012 Geschäftsführer der Marrone Deutschland GmbH mit Sitz in Stuttgart und teilt sich diese Aufgabe seit vier Jahren mit Philip Langenbucher. Beide sind seit 2013 mit dem Aufbau von Marrone Deutschland beschäftigt. Zimmermann leitete zuvor viele Jahre den internationalen Vertrieb bei einem deutschen Hersteller von Großküchentechnik und musste nicht lange überlegen, als ihm Maurizio Fantin und Armando Pujatti das Angebot machten, das Deutschlandgeschäft für Marrone voranzubringen. „Es war schon immer mein Wunsch, bei neuen Projekten einen Schritt weiterzugehen, Kochfunktionen zu individualisieren und frei zu sein in Sachen Form, Gestaltung und Design einer Küche. Bei Marrone custom cooking ist genau das möglich.“
Von Anfang an war klar, dass Marrone nicht im Direktgeschäft, sondern über den Vertriebsweg des Großküchenhandels die deutsche Gastronomie und Hotellerie erobern soll. Doch dieser hatte natürlich nicht auf einen weiteren Marktplayer gewartet, denn auch in Deutschland gibt es bekanntlich gute Küchenbauer für individuelle Herdanlagen. Es war ein hartes Stück Arbeit, den deutschen Fachhandel davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, mit Marrone zusammenzuarbeiten. Heute ist Marrone custom cooking ein geschätzter Partner von Großküchenhändlern, die das Besondere für ihre Kunden suchen. „Wir sind anders als andere, denn wir sind ein wenig flexibler, wenn es um Funktionen und Formen geht, und bieten dem Händler die Möglichkeit, seinem Kunden etwas zu bieten, das er so nebenan nicht bekommt“, sagt Karl Zimmermann. „Wir stellen ein maßgeschneidertes und nicht beliebig vergleichbares Produkt her, bei dem für den Händler zudem eine gute Marge drin ist, weil er sich nicht in endlose Preisvergleiche verstricken lassen muss.“
„Wir stellen ein maßgeschneidertes Produkt her und sind flexibler, wenn es um Funktionen und Formen geht.“
Karl Zimmermann, Geschäftsführer, Marrone Deutschland
Fast alle Prestigeobjekte in Skandinavien
Marrone bearbeitet von Stuttgart aus nicht nur den deutschen, sondern auch den skandinavischen Markt und hat vom sogenannten Nordic Chef-Wunder und dem Erfolg der Nordischen Küche profitiert. „Wir sind in Skandinavien inzwischen sehr, sehr erfolgreich und statten dort fast alle architektonisch anspruchsvollen Prestigeobjekte aus“, betont Karl Zimmermann. „Acht von zehn Bocuse d’Or-Gewinnern kochen auf Marrone, und allein in Oslo gibt es 15 Top-Restaurants, in den unsere maßgefertigten Küchen stehen.“
In Deutschland realisiert Marrone nach eigenen Angaben mittlerweile 35 bis 40 Herdanlagen und Küchen jährlich. Dazu gehörten in jüngerer Zeit Objekte wie das Andaz Munich Schwabinger Tor in München, das Burghotel Falkenstein im Allgäu oder das Wyndberg Hotel, Restaurant, Destille in Lüneburg. Einer der ersten prominenten Kunden in Deutschland war der Regensburger Sternekoch Anton Schmaus, der für sein Restaurant Storstad eine Marrone-Küche bauen ließ und auch für seine neuen Objekte auf den Partner aus Norditalien setzt.
Personalisierte Kochfunktionen
Eine Küche von Marrone ist nie von der Stange, stets individuell und im Idealfall hinsichtlich der Kochfunktionen personalisiert. Sie ist immer das Ergebnis eines engen Dialogs zwischen dem Küchenchef, dem Küchenplaner und dem Küchenbauer. Im gegenseitigen Ideenaustausch entsteht im Laufe der Zeit ein völlig eigenständiges Produkt. Marrone-Küchen sind designorientiert, ohne dass Funktionalität und Praxistauglichkeit leiden. Eine Stärke der Spezialisten aus Zoppola ist ihre Detailverliebtheit und ihr enormes Fertigungs-Know-how, mit dem es gelingt, selbst die kleinste Ecke sinnvoll zu nutzen und auf Kundenwunsch Kochelemente wie Grillplatten & Co. jenseits von Normmaßen zu realisieren.
„Spezialität“ Oberflächenveredelung
Das Qualitätsversprechen von Marrone basiert auf einer sehr hohen Fertigungstiefe: Sie liegt bei über 95 Prozent, und dieser Wert macht klar, dass hier alles garantiert aus einer Hand kommt und nichts dem Zufall überlassen wird. „Ob Gasbrenner, Wok, Grillplatte, Großkochfeld – ja, selbst der Dim Sum-Steamer für eine Hotelküche in China wird nicht zugekauft, sondern in Zoppola entwickelt und gebaut“, sagt Philip Langenbucher. Die markanten, handlichen Edelstahl-Drehknöpfe zur Bedienung der Geräte sind ebenso wie die Mischbatterien für die Wasserhähne eine Eigenentwicklung von Marrone. Eines der ganz wenigen Tools, die tatsächlich zugekauft werden, sind Induktionsspulen. Eine weitere „Spezialität“ ist die Oberflächenveredelung. Als eines der ersten Unternehmen in der Branche überraschte Marrone mit pulverbeschichteten Oberflächen in allen RAL-Farben. Aktuell im Trend liegen etwa Arbeitsplatten mit vibriertem Schliff oder Fronten im „rough & rustic look“, für die Edelstahl eine rostähnliche Optik erhält.
220 bis 230 Herdblöcke werden pro Jahr in Zoppola gefertigt und in alle Welt versandt. Dabei baut Marrone nicht nur die Herdanlage, sondern auch Arbeitstische, Unterbauten und Schränke. Insgesamt sind 145 Mitarbeiter in zwei Werken in Zoppola beschäftigt, die Herde und Küchen sowie Kühltische und Klimaschränke herstellen. Im vergangenen Jahr setzte Marrone Srl 19 Millionen Euro um. Dieses hohe Level wird im Corona-Jahr 2020 nicht erreicht. Viele Aufträge sind zwar fertiggestellt, aber noch nicht ausliefert oder installiert. Doch keine Frage, die Erfolgsgeschichte des Küchenbauers aus Zoppola wird nach Corona mit Sicherheit fortgeschrieben.
Text: Sabine Romeis
Fotos: Marrone
„Dank einer Fertigungstiefe von über 95 Prozent kommt eine Küche von Marrone fast komplett aus einer Hand.“
Philip Langenbucher, Geschäftsführer, Marrone Deutschland