Andreas Widmann

„Wir müssen zu den Kunden kommen“

Andreas Widmann, der Küchenchef und Geschäftsführer von Widmann’s Alb.Leben in Königsbronn-Zang, hat sich in der Pandemie ein spannendes neues Geschäft aufgebaut, das auch nach dem Ende des Lockdowns Bestand haben soll

Andreas Widmann – Küchenchef und Geschäftsführer von Widmann’s Alb.Leben, Königsbronn-Zang

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Seit 2. November 2020 ist das deutsche Gastgewerbe im Dauer-Lockdown. Wann, glauben Sie, dürfen Sie wieder regulär Gäste bewirten?

Widmann: Ich halte es inzwischen für denkbar, dass es nicht viel früher als letztes Jahr wird, also Anfang/Mitte Mai. Wir müssen es nehmen, wie es kommt. Ich habe aufgehört, mich allzu sehr mit diesem Thema aufzureiben. Ich schaue lieber, dass unsere neuen Geschäftsmodelle laufen.

Sie meinen, Take-away & Co.?

Widmann: Ja, schon, aber wir fahren längst mehrgleisig und haben uns ein neues Tagesgeschäft aufgebaut. Dazu gehört auch noch Take-away, aber im Vergleich zum ersten Lockdown haben wir die Abholzeiten auf Samstag & Sonntag reduziert. Neu ist unser Onlineshop, über den wir inzwischen ein breites Feinkostsortiment und Kochboxen für Zuhause verkaufen. Wir veranstalten auch Online-Events zu den Kochboxen, für Firmen wie Privatleute. Außerdem sind wir mit verschiedenen Artikeln im Rewe-Markt in der Region vertreten. Das läuft sehr gut. Zu unserem Feinkost-Programm gehören u.a. Gewürzmischungen, Brühen und Soßen sowie schwäbische Klassiker wie Eintöpfe, Rouladen, Braten, Saure Kutteln, Maultaschen, Gemüsebolognese & mehr in Gläsern und Dosen.

Widmann – Box "Best of Schwäbisch"

War die Take-away-Option allein nicht mehr rentabel genug?

Widmann: Wir haben den vergangenen Sommer dazu genutzt, um das Abholgeschäft im ersten Lockdown zu analysieren und haben überlegt, was im Zuge der Krise noch auf uns zukommen könnte. So haben wir im Sommer schon eingeplant, dass wir noch mal schließen müssen, aber uns war auch klar, dass im Herbst/Winter, wenn es abends früh dunkel ist und vielleicht sogar Schnee liegt, vermutlich nicht mehr so viele zum Abholen kommen. Also haben wir gesagt: „Wenn die Kunden nicht zu uns kommen, dann müssen wir zu den Kunden kommen.“ Gleichzeitig haben wir den Entschluss gefasst, dass wir neben unserem Kerngeschäft künftig nur noch Dinge machen, die uns langfristig etwas bringen und nicht nur kurzfristig dazu beitragen, dass wir z.B. über die Zeit des Lockdowns kommen. Das Feinkost-Programm ist für uns hoch interessant, weil wir es dauerhaft produzieren können und uns darüber neue Märkte und Kundenkreise erschließen.

Ging Ihre Rechnung mit Feinkost und Shop bislang auf?

Widmann: Ja, wir sind sehr zufrieden. Der Onlineshop ging Anfang November an den Start und hat aufgrund der intensiven Bewerbung über unsere Social Media-Kanäle auf Anhieb eingeschlagen, vor allem auch überregional. Unser Betrieb ist zu einem kleinen Logistikzentrum avanciert und war z.B. zwei Wochen vor Weihnachten an der Kapazitätsgrenze – und das, obwohl das komplette Stammteam, immerhin 30 Mitarbeiter*innen, vor Ort war, um die enorme Nachfrage nach mehreren 1000 Portionen zu stemmen und die Lieferungen gut auf den Weg zu bringen. Niemand musste in dieser Zeit in Kurzarbeit, das war sehr motivierend für uns Arbeitgeber und natürlich auch psychologisch wichtig für unser Team.

Dann werden Sie also den neuen Geschäftsbereich Feinkost & Kochboxen auch nach dem Lockdown beibehalten?

Widmann: Auf jeden Fall. Den Onlineshop und unsere Produktpalette im Einzelhandel, aber auch die Kochboxen wie zum Beispiel „Best of Schwäbisch“, die wir online verkaufen, werden wir weiter anbieten. Allein schon, um die Einnahmeverluste aus unseren angestammten Geschäftsbereichen etwas auszugleichen. Vor der Pandemie haben wir 40 bis 50 Prozent des Umsatzes mit Catering und Firmen-Events gemacht. Dahin werden wir so schnell nicht wieder kommen. Wir glauben nicht, dass in diesem Jahr schon wieder große Veranstaltungen möglich sein werden. Hinzu kommt, dass in vielen Unternehmen das Geld nicht mehr so locker sitzt, um es zum Beispiel in aufwändige Feierlichkeiten oder Präsentationen zu investieren. Darum rechnen wir für 2021 mit dem gleichen Budget wie 2020 und durchaus auch mit einer erneuten Schließung um die Weihnachtszeit.

„Das Feinkost-Programm ist für uns hoch interessant, weil wir uns darüber neue Märkte und Kundenkreise erschließen.“

Andreas Widmann, Widmann’s Alb.Leben, Königsbronn-Zang

Ist das neue Geschäftsfeld also wirtschaftlich erfolgreich?

Widmann: Ja, es ist rentabel, wenngleich wir es natürlich nicht auf das gleiche Volumen wie vor der Pandemie bringen. Auf jeden Fall aber verbrennen wir kein Geld damit und sorgen dafür, dass das Loch in der Kasse nicht zu tief wird. Zudem können wir unseren Teammitgliedern zumindest weitgehend die Kurzarbeit ersparen und profitieren von einer sehr positiven Außenwirkung in diesen wirklich schwierigen Zeiten.

Wie erleben Sie als Arbeitgeber und Unternehmer die aktuelle Situation?

Widmann: Es ist gerade eine herausfordernde Phase, rein arbeitstechnisch, aber auch für den Kopf. Doch ich bin Optimist und versuche stets, die Dinge positiv zu sehen. Wir haben uns in den letzten zwölf Monaten an Aufgaben herangetraut, die wir vorher gar nicht auf dem Schirm hatten und so spannende neue Perspektiven und Umsatzpotenziale für unser Unternehmen entdeckt. Wir richten ganz bewusst unseren Blick nach vorn und geben Gas. Auch wenn uns die Politik quasi ein Berufsverbot auferlegt hat, wollen wir nicht warten, bis die angekündigten Hilfen kommen, sondern selbst aktiv sein und sehen, was geht. Selbst wenn jeder von uns natürlich auch mal einen dunklen Tag hat und mit der Situation hadert, überwiegt der ganz große Stolz auf das, war wir uns gemeinsam neu aufgebaut haben.

Interview: Sabine Romeis
Fotos: Widmanns Alb.Leben