Safran vom Doktorenhof
Küchengold aus der Pfalz
Safran ist das wohl teuerste Gewürz der Welt. Georg Wiedemann baut die besondere Krokuspflanze auf zehn Hektar Wiesenfläche seines Weinessigguts Doktorenhof in Venningen an
Dass Safran ein teures Gewürz ist, weiß jeder, der schon einmal eine original Bouillabaisse oder ein Risotto alla milanese zubereitet und dafür das „rote Gold“ als Zutat benötigt hat. Dass Safran nicht nur im Orient, sondern auch in Deutschland gedeiht, weiß hingegen kaum jemand. Im südpfälzischen Venningen baut Georg Wiedemann, Inhaber vom Weinessiggut Doktorenhof, das edle Gewürz auf zehn Hektar Wiesenfläche an. Von Mitte bis Ende Oktober wird geerntet: Die violette Krokusart hat ein enges Zeitfenster für die Ernte. „Am frühen Morgen ist noch keine Blüte zu sehen, doch schon zur Mittagszeit leuchtet das gesamte Feld in prachtvollem Lila“, schwärmt Georg Wiedemann. Nun ist Eile ist angesagt, denn schon am Abend sind viele Blüten verwelkt – und die kostbaren Stempel des Crocus sativus verloren.
„Für ein Kilogramm als Gewürz verwendbaren Safran müssen wir 120.000 bis 130.000 Krokusblüten ernten.“
Georg Wiedemann, Inhaber Doktorenhof, Venningen/Pfalz
Safrangewinnung ist Handarbeit; das Pflücken der Blüten ebenso wie das spätere Herausdrehen der drei filigranen Blütenstempel. Dabei ist penible Sorgfalt gefragt, damit die hellgelben Griffel der Blüte nicht zu den orange-roten Stempelfäden gelangen und die Qualität der Ernte verunreinigen. Danach werden die Safranfäden mindestens drei Stunden bei 35 Grad getrocknet. Um ihr volles Aroma zu erhalten, lagern sie im Anschluss für zwei Monate in luftdicht verschlossenen Gefäßen.
„Man braucht etwa fünf Kilogramm frische Safranfäden, um ein Kilogramm getrockneten, als Gewürz verwendbaren Safran zu erhalten“, rechnet Georg Wiedemann vor. „Dafür müssen wir 120.000 bis 130.000 Krokusblüten ernten.“ Ein Pflücker schafft am Tag zwischen 60 und 80 Gramm. Der hohe Aufwand für die Gewinnung der erforderlichen Mengen erklärt den schwindelerregenden Preis des roten Golds. Ein Kilogramm Safran kostet bis zu 50.000 Euro.
Georg Wiedeman nutzt den Safran aus eigener Ernte zur Herstellung einer seiner berühmten Essig-Spezialitäten: Wie andere Edelessige aus seiner Manufaktur kann auch der Safran-Zauberpflanzenbalsam als aromatischer Digestif genossen oder zur Verfeinerung von Speisen verwendet werden. Ein Büchlein mit Rezeptideen dient zur Inspiration.
Zwölf Jahre ist es her, seit 120.000 Krokuszwiebeln aus dem Iran per Luftfracht den Doktorenhof erreichten und damit der Safrananbau in der Pfalz begann. Dass es überhaupt so weit kam, ist dem Enthusiasmus und der Hartnäckigkeit des Essig-Visionärs zu verdanken. „Die erste Bestellung traf trotz Bezahlung nie ein. Wo Geld und Ware geblieben sind erfuhr ich nie.“ Georg Wiedemann versuchte es ein zweites Mal. Diesmal kamen die Krokuszwiebeln zwar an, doch alle waren während des Flugs im Frachtraum erfroren. Beim dritten Anlauf schließlich klappte es. Seither bringt das Safranfeld, das in den blütenfreien Monaten für die Heugewinnung genutzt wird, Jahr für Jahr einen kleinen, exklusiven Ertrag. Zwar ist das Klima in der Südpfalz deutlich anders als das im Orient, doch das beeinträchtigt das Wachstum der Safranpflanze nicht. Sie gedeiht hervorragend und hat auf dem Doktorenhof-Feld im Grunde nur zwei natürliche Feinde: Wühlmäuse, die beim Graben ihrer unterirdischen Gänge die Zwiebeln zerstören, und Bienen, die bisweilen die kostbaren Blütenstempel davontragen.
Vorsicht vor vermeintlicher Schnäppchenware
In der Küche ist Safran eine begehrte, edle Zutat. Schon Nuancen genügen, um Speisen das aromatische Etwas und die typisch sattgelbe Färbung zu verleihen. Qualitätsunterschiede je nach Anbaugebiet sind kaum feststellbar. Die Qualitätskriterien für Safran sind international definiert und stehen als Normwerte auf der Verpackung. So liegt der Crocin-Wert (roter Farbstoff) in der höchsten Safranqualität bei 190. Beim Angebot von vermeintlicher Schnäppchenware auf mediterranen oder arabischen Märkten ist Vorsicht geboten: Alles, was teuer ist, wird bekanntlich gerne gefälscht. Häufige Beimischungen zu Safran sind Chillifäden, getrocknete Blätter der Färberdistel, Saforblüten, Blütenblätter der Ringelblume und Sandelholzfasern. Am häufigsten wird mit gemahlenem Safran betrogen, dem – man staune – außer Kurkuma bisweilen sogar gemahlener Ziegelstein beigemischt ist.
Nur echter Safran, der seinen hohen Preis zu Recht hat, entfaltet sein unverwechselbares Aroma. Den intensivsten Geschmack haben getrocknete Safranfäden, frisch im Mörser zerrieben. Bei der Dosis ist Zurückhaltung angebracht, sonst wird’s schnell bitter. Auch darf Safran nicht zu stark erhitzt werden, sonst werden Bitterstoffe frei gesetzt. Beim Kochen sollte er erst zum Schluss hinzu kommen, um die ätherischen Öle und damit die wertvollen Geschmacksaromen zu bewahren. Wesentlich einfacher, aber nicht minder wirkungsvoll ist die Aromatisierung von Speisen mit dem Safran-Zauberpflanzenbalsam vom Weinessiggut Doktorenhof. Ob Süppchen aus Wurzelgemüse, Hirschrücken und Safran-Birnen in Walnussbutter, Saiblingfilet mit Safranwirsing oder „Rostige Ritter“ mit Weinsoße: vielen Vorspeisen, Hauptgängen und Desserts verleiht die Zutat das gewisse Etwas.
Der Doktorenhof macht aus Safran und feinen Essig ein ganz eigenständiges Produkt.
Auch Holger Jacobs, Inhaber von herr jacobs stadthotel + bistro, schätzt Safran als Gewürz – sowohl pur als auch den Zauberpflanzenbalsam vom Doktorenhof: „Eine tolle Zutat, die ich nicht mehr missen möchte, denn der Doktorenhof macht aus Safran und feinen Essig ein ganz eigenständiges Produkt.“ Damit setzt der erfahrene Koch beispielsweise bei einem Carpaccio aus Fisch oder Jakobsmuschel besondere Akzente: „Außer Zauberpflanzenbalsam brauche ich nur noch etwas Limonenöl, Meersalz und frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer – mit etwas Wildkräutersalat ist das Gericht optisch und geschmacklich perfekt.“
Bei der Verwendung komme es stets auf die richtige Dosis an. Beim zarten Wolfsbarsch-Carpaccio zum Beispiel trägt Holger Jacobs den Zauberpflanzenbalsam mit dem Pinsel zunächst ganz dünn auf den Teller auf, legt den Fisch auf und bestreicht diesen wiederum mit dem Balsam. Für ein Safran-Risotto verwendet er zunächst frisch geernteten Salbei vom Doktorenhof im Ansatz und gibt ganz zum Schluss etwas Zauberpflanzenbalsam dazu: „Pro Portion die Menge, die ich als Digestif trinken würde. So erhält das Gericht einen besonderen, überraschenden Charakter.“
Text: Cornelia Liederbach
Fotos: Doktorenhof