Peter Fridén
Wanderer zwischen den Welten
Das Tawa Yama mit seinem zweigeteilten Konzept unter Leitung von Küchenchef Peter Fridén würde man eher in einer Metropole wie Berlin vermuten. Hier bringt der gebürtige Südkoreaner, der in Schweden aufgewachsen ist und als Koch klassisch geprägt wurde, eine spannende Fusion-Küche auf die Teller
Mitten in der Pandemie mit einer kühnen Konzeptidee in einer 800 Quadratmeter großen, ungewöhnlichen Location zu starten – das verlangte Mut und einen guten Küchenchef. Die Betreiber Philipp Haag und Nicola Mende hatten beides und starteten beherzt durch. Das Tawa Yama, japanisch Turm Berg, befindet sich mitten im pulsierenden Umfeld der Durlacher Raumfabrik in Karlsruhe. Hier tüfteln Kreativschmieden an Digitalisierung, Mobilität und Energie. Wo früher Nähmaschinen produziert wurden, genießen Restaurantgäste nun hinter Glas-Stahl-Fassaden inmitten begrünter Dächer den Turmberg-Blick und eine vielfältige Gastro-Kultur mit Zeitgeist. Unter dem weitläufigen Dach des Tawa Yama gibt es zwei Restaurantkonzepte: das legere Easy mit 140 Sitzplätzen, großen Social Tables und großzügigem Rooftop (100 Plätze) für den Afterwork-Drink oder ein entspanntes Abendessen sowie das Gourmetrestaurant Fine, über dem seit März ein Michelin-Stern leuchtet. Das Interieur wird geprägt durch grünen Marmor, Dschungelmotive an den Wänden und reduzierten Blumenschmuck. Die 25 Plätze werden ergänzt durch den Chefs Table, die Secret Bar sowie den separaten Außenbereich Fine Rooftop. Die Platzverhältnisse in beiden Restaurants lassen sich durch flexible Trennwände variieren.
Französische Klassik, Nordic Cuisine, asiatische und deutsche Einflüsse
Der Küchenstil ist von Peter Fridéns facettenreicher Vita geprägt. Er wurde in Südkorea geboren, wuchs in Schweden auf und lernte das klassisch französische Kochhandwerk an einer schwedischen Gastronomieakademie. Diverse Stationen und Praktika, u. a. bei „Feuerkoch“ Niklas Ekstedt in Stockholm, bei Drei-Sterne-Koch Michel Roux im englischen Bray (The Waterside Inn) und bei Zwei-Sterne-Koch Heinz Winkler in Aschau am Chiemsee, schlossen sich ebenso an wie eine Position als Küchenchef im Fünf-Sterne-Hotel Soho House Berlin. „Im Tawa Yama mache ich nun, was ich kann“, sagt Peter Fridén. „Die Küche im Fine ist ein Mix von allem, was ich gesehen, gelernt und ausprobiert habe.“ Auf den Tellern präsentiert sich dieser Mix als spannende Fusion aus französischer Kochkunst, Nordic Cuisine sowie asiatischen und deutschen Einflüssen. Gerichte wie Thunfisch & Ossietra mit Kujyo Negi, Shiso und Ananas oder Taube Royal mit Topinambur, Morchel und fermentierten Johannisbeeren sind Beispiele seiner Küche. Obwohl Peter Fridén Südkorea schon als dreijähriges Adoptivkind verließ, sagt er: „Ich habe Südkorea im Blut und damit auch das Interesse an meinen Wurzeln. Mir gefällt diese Länderküche mit ihrer Schärfe und dem vollen Umami-Geschmack. Sie ist und bleibt eine Inspirationsquelle für mich, auch wenn mein Faible für Soßen, Jus und Reduktionen auf der klassischen französischen Küche basiert.“
„Ich habe Südkorea im Blut. Mir gefällt diese Länderküche mit ihrer Schärfe und dem vollen Umami-Geschmack. Sie ist eine Inspirationsquelle für mich, auch wenn mein Faible für Soßen, Jus und Reduktionen auf der klassischen französischen Küche basiert.“
Peter Fridén, Küchenchef im Tawa Yama
Comfort Food im Restaurant Easy
Im Restaurant Easy setzt der Küchenchef auf unkompliziertes Comfort Food mit modernen Gerichten sowie asiatisch inspirierten Klassikern wie Tawa Yama Pho, Bento Burger oder Beef Tatar aus nachhaltigen und regionalen Zutaten. Aber auch vegane und vegetarische Specials wie Dashi und Bao Buns mit Aubergine stehen auf der Karte. Wer öfter zum Tawa Yama „Lucky Lunch“ kommt, profitiert von einer Stempelkarte und genießt nach acht Besuchen einen kostenlosen Mittagstisch. Am Abend bietet die Karte unter dem Motto „Meet – Share – Enjoy“ Kreationen wie zum Beispiel Geschmorte Lammkeule mit Miso-Joghurt, Granatapfel und Schwarze Bohnen-Glaze, Chàshu (Glasierter Schweinebauch, Anis, gegrillter Pak Choi) oder Spring Beet (Gelbe Bete, Perlgraupen-Risotto, Buttermilch-Dashi, Mangold).
Das Tawa Yama wurde im Juni 2020 zunächst mit dem Restaurant Easy eröffnet. Es galt, den Standort auszuprobieren und das neue Team zusammenzuschweißen. Der Plan, ein Fine-Dining-Restaurant zu integrieren, stand bereits, wartete jedoch noch auf die Umsetzung. „Wir fingen ja bei Null an“, erinnert sich Peter Fridén. „Wir mussten unser Team schulen, die Küchenorganisation aufstellen, Einkäufe und Logistik voranbringen. Daneben ging es auch um den Feinschliff des Konzepts, das ja im Einklang mit den Gegebenheiten stehen musste. Der anfängliche Fokus auf das Easy-Konzept erlaubte es, uns auszuprobieren.“ Einen wichtigen Part im Team übernimmt die von Peter Fridén hochgeschätzte Sous Chefin Meike Blickheuser. Sie wurde im Westerwald geboren und ist eine junge Köchin mit Ambition und Durchhaltevermögen. Am meisten gelernt hat sie bei spannenden Stationen zwischen Kenia und Karlsruhe. Formend waren dabei vor allem das Bülow Palais in Dresden und das Grand Hotel Des Bains in St. Moritz, aber auch der Besuch der Hotelfachschule in Heidelberg.
Seit Oktober 2020 gibt es im Tawa Yama zwei Restaurantkonzepte unter einem Dach. Das soll den Gästen nicht nur einen hohen Erlebnisfaktor bieten, sondern auch maximale Freiheit und Möglichkeiten. Essen auf Sterne-Niveau oder einfach nur einen Cocktail trinken und einen kleinen Snack genießen – jeder Gast ist willkommen. Die Kombination aus Fine-Dining und Casual eröffnet obendrein Synergien, die das wirtschaftliche Handeln unterstützen. Das heißt auch: „Wir können unser Küchenteam optimal auslasten“, so der Küchenchef. „Und wenn wir im Fine beispielsweise Fisch nicht ganz verwertet haben, dann schaffen wir daraus ein neues Special-Angebot für das Easy.“
Zwar kommt vom Steinbutt bis zum Burger alles aus einer Küche, doch es gibt Arbeitsteilung im 16-köpfigen Küchenteam. Peter Fridén, Meike Blickheuser sowie drei Köche stehen ausschließlich für die Fine-Karte am Herd. Trotzdem bringt Peter Fridèn den Easy-Gerichten den gleichen Respekt entgegen wie den Fine-Kreationen. Die Aufteilung in zwei Teams erleichtert die Koordination und Qualitätskontrolle in einem komplexen System. Anders als in vielen Sternerestaurants beschränkt sich das Angebot im Fine nicht auf ein festes Menü. Die Gäste können variieren und einzelne Gänge auch à la carte bestellen. „Das bedeutet für ein Fine-Dining-Restaurant zwar eine Herausforderung in Sachen Planbarkeit, doch wir wollen unseren Gästen keine starren Standards zumuten. Sie sollen frei in ihrer Wahl sein“, betont Peter Fridén. Ein Spagat, den er mit seinem motivierten Küchenteam, einem geschickten Bevorratungs- und Vorbereitungssystem und viel Erfahrung, aber in Kombination mit dem Zweitrestaurant Easy meistert.
Eigener Garten für Gemüse und Obst
Derzeit macht Peter Fridén vor allem die Warenbeschaffung Sorgen, die im Zuge der Pandemie schwierig geworden ist und durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine nicht einfacher wird. „Fisch, Fleisch, aber auch viele andere Produkte sind derzeit in der gewünschten Qualität nur eingeschränkt verfügbar“, berichtet er. „Ich verbringe viel Zeit im Internet, um Einkaufsalternativen aufzuspüren“, berichtet der Küchenchef und fügt ergänzend hinzu: „Lange Zeit war man ja gewöhnt, dass alles in Hülle und Fülle vorhanden ist. Nun gibt es einen regelrechten Kampf um die verfügbaren Qualitätsprodukte.“ Nicht zuletzt deshalb soll das Angebot im selbst bewirtschafteten Garten hinter den Glas-Stahl-Fassaden der Raumfabrik Durlach nun zügig erweitert werden. Bislang erntete das Küchenteam dort vor allem verschiedene Kräuter, essbare Blüten und Blumen, die in der Küche, der Bar und für die Tischdekoration zum Einsatz kommen. Die Weichen sind gestellt, sodass im Sommer dort auch verschiedene Gemüse- und Obstsorten reifen werden. Den Michelin-Stern bewertet Peter Fridén als tollen Ansporn für seine Mannschaft. „Die harte Arbeit hat sich gelohnt“, freut sich der Küchenchef und wünscht sich nun eines: „Dass wir in den nächsten zwölf Monaten motiviert durcharbeiten können – ohne weitere Corona-Zwangspause.“
ZUR PERSON: Peter Fridén
Geboren in Südkorea, aufgewachsen in Schweden, ausgebildet in französischer Kochkunst: Peter Fridén, Jahrgang 1981, ist ein leidenschaftlicher Koch und Vollprofi, der die in ihm verschmelzenden Kulturen und Mentalitäten wahrnimmt und reflektiert. Seine schwedische Seite macht ihn positiv-offen und freundlich. Er weiß, was er will und dass es keinen Stillstand gibt. Stationen bei Niklas Eksted in Stockholm, im First Floor in Berlin und bei Heinz Winkler in Aschau haben ihn das ebenso gelehrt wie seine Aufgabe als Küchenchef im Soho House in Berlin. Im Tawa Yama will er einen Schritt weiter gehen und die Kulturen jenseits der Banalität genial auf den Teller bringen. Präzision und Qualitätsbewusstsein sind ihm dabei besonders wichtig. Weil er das Restaurantkonzept von Philipp Haag und Nicola Mende von Anfang an mochte, ist er gerne nach Karlsruhe gekommen, eine sehr geerdete Stadt mit vielen Möglichkeiten. Geerdet ist auch Peter Fridén. Bolognese geht für ihn immer, am liebsten bei gutem Wetter mit Freunden und Familie.
Text: Cornelia Liederbach
Fotos: Tawa Yama