Anja Trappe

Führung mit Hand & Herz

Als Küchenchefin im Restaurant Esszimmer verantwortet Anja Trappe das kulinarische Angebot im größten gastronomischen Outlet des Fünf-Sterne-Superior-Resorts Der Öschberghof in Donaueschingen. Sie hat rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihrem Dienstplan

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Neulich war mal wieder einer jener raren Tage, die Anja Trappe insgeheim am meisten liebt in ihrem Job. „Ich habe den ganzen Tag Posten gekocht“, erzählt sie mit einem Strahlen im Gesicht. „Das habe ich gefühlt schon ewig nicht mehr gemacht. Ich hatte richtig Spaß daran, mal wieder mittendrin im Geschehen am Herd zu sein, und hab den ganzen Bürokram einfach mal vergessen.“ Anja Trappe ist Küchenchefin des Restaurants Esszimmer im Hotel Der Öschberghof in Donaueschingen und führt ein rund 40-köpfiges Team. Das Esszimmer ist das Hauptrestaurant im Öschberghof und hat sieben Tage in der Woche für Frühstück und Abendessen geöffnet. Im Durchschnitt gehen hier 130 bis 140 Frühstück und 220 bis 230 Abendessen über den Pass. Darüber hinaus werden alle Speisen und Menüs für Tagungen, Veranstaltungen und Firmen-Events in der Hauptküche des Hotels vor- und zubereitet. Auch das mittägliche Snackangebot an der Day-Bar kommt natürlich aus der Esszimmer-Küche.

Zwischen Einkauf, Menüplanung und Personalführung

Kein Wunder also, dass Anja Trappe weiß, wovon sie spricht, wenn sie sagt: „Je mehr Verantwortung man in der Küche übernimmt, umso mehr entfernt man sich von dem, wofür man den Beruf eigentlich einmal gelernt hat. Man wird mehr und mehr zur sogenannten eierlegenden Wollmilchsau und verbringt seinen Arbeitstag zwischen Einkauf und Menüplanung, Personalführung und Konfliktbewältigung, Dienstplangestaltung und Besprechungen. Obendrein wird erwartet, dass man für jeden, der mit einem Anliegen in die Küche kommt, sofort eine Antwort oder Lösung parat hat.“

Anja Trappe arbeitet seit über 15 Jahren im Öschberghof. Das renommierte und schon vielfach ausgezeichnete Fünf-Sterne-Superior-Resort im Südwesten Deutschlands hat 127 Zimmer & Suiten, einen 45-Loch-Golfplatz, großzügige Tagungskapazitäten und einen riesigen Wellnessbereich. Dazu kommt die breitgefächerte Restaurantlandschaft, zu der neben dem Esszimmer unter anderem auch das 2-Sterne-Restaurant Ösch Noir, das Ristorante & Pizzeria Hexenweiher, die Öventhütte mit ihrer alpenländischen Küche und das Tanöshi für Sushi & japanische Spezialitäten gehören.

Gehobene saisonale Küche mit regionalen Einflüssen

Im größten gastronomischen Outlet, dem Esszimmer, steht eine gehobene saisonale Küche mit regionalen Einflüssen im Mittelpunkt. Danach richtet Küchenchefin Anja Trappe das à la carte-Angebot und die Tagesempfehlung aus ebenso wie die Extrakarte mit den täglich wechselnden Menüs und Zusatzangeboten für die Hausgäste. Orientierung bietet ihr dabei der Saisonkalender, nach dem sie zur Jahreszeit passende Komponenten auswählt und zu Vor- und Hauptspeisen mit Fleisch, Fisch, Gemüse & Co. kombiniert. „Natürlich frage ich auch meine Kolleginnen und Kollegen nach ihren Ideen für die neue Speisekarte“, sagt Anja Trappe, „schließlich müssen sie am Ende kochen und sollen sich mit den Gerichten identifizieren.“ Ihre Erfahrung: „Jeder Koch hat Lust, seine Ideen einzubringen und umzusetzen.“ Das gilt auch für den Nachwuchs: Um deren Kreativität und Motivation zu fördern, sind die Auszubildenden im Öschberghof regelmäßig aufgefordert, nach groben Vorgaben das „Azubi-Gericht der Woche“ zu kreieren.

Verantwortung für über 25 Kochauszubildende

Über 25 Kochauszubildende gibt es im Öschberghof, der für sein vorbildliches, zukunftsweisendes Ausbildungskonzept mit der CHEFS TROPHY AUSBILDUNG 2023 ausgezeichnet wurde. Anja Trappe ist nah dran an den jungen Leuten. Je nach Berufsschulzeiten sind mal sechs und auch schon mal 14 Auszubildende in der Esszimmer-Küche beschäftigt. Anja Trappe verantwortet den internen Azubi-Einsatzplan und sorgt dafür, dass die jungen Leute „in einer sinnvollen Reihenfolge“ alle Outlets im Öschberghof durchlaufen. Sie sollen wirklich alle Bereiche kennenlernen, um am Ende optimal auf den Beruf vorbereitet zu sein. In den letzten Monaten vor ihrer Abschussprüfung werden die Auszubildenden zur Festigung ihrer Fertigkeiten und Kenntnisse nochmals rotierend auf allen Posten der Esszimmer-Küche eingesetzt.

Anja Trappe nimmt den Ausbildungsauftrag, den sie sich im wesentlichen mit Küchendirektor Gregor Schuber, einem Kochtrainer und den Küchenchefs der anderen Outlets teilt, sehr ernst: „Wir begleiten die jungen Menschen nicht nur auf ihren ersten Schritten ins Berufsleben, sondern auch auf dem Weg ins Erwachsenenleben und bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Dazu gehört es, sie nach besten Kräften zu fördern und zu unterstützen und auch durch manch unbequeme Situationen ihres Azubi-Lebens zu manövrieren.“

Schritt für Schritt zur Küchenchefin

Anja Trappe hat von 2009 bis 2012 selbst ihre dreijährige Kochausbildung im Öschberghof absolviert. Sie ist sozusagen ein „Eigengewächs“, kennt alle Abteilungen, war zuvor Sous Chefin im Esszimmer und wurde schließlich zur Küchenchefin befördert. Nach ihrem Abitur strebte sie zunächst eine akademische Laufbahn an und begann, Skandinavistik und Englisch zu studieren. „Ich wollte die erste Akademikerin in unserer Familie werden, habe aber während des Studiums gemerkt, dass dieser Weg zumindest für mich zum Broterwerb total nutzlos ist.“ Nach dem Abbruch des Studiums und einem kurzen Abstecher ins Hotelfach folgte Anja Trappe schließlich ihrem Herzen und begann eine Kochausbildung. Für sie bis heute die richtige Entscheidung: „Ich komme jeden Tag gern hierher. An meinem Beruf begeistert mich, dass ich zumindest theoretisch überall auf der Welt arbeiten kann, und tagtäglich sehe, was ich mit seinem Team geschaffen habe. Außerdem kann ich mit dem Wissen, wie die Dinge in der Küche funktionieren, selbstständig Gerichte entwickeln, die Ausdruck der eigenen Kreativität sind und nicht im Rezeptbuch stehen.“

Keine Frage: Anja Trappe liebt, was sie tut, und sie stellt nach eigener Beobachtung die gute Teamarbeit vor ihre persönlichen Interessen. Ihre tägliche Hauptaufgabe sieht sie darin, das Schiff „Esszimmer-Küche“ auf Kurs zu halten und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Mitglieder ihres großen Teams gut und zielführend zusammenarbeiten. Dabei geht es für sie nicht zuletzt darum, alle Mitarbeitenden zu befähigen, ihre jeweiligen Aufgaben in der im Öschberghof vorgeschriebenen täglichen Arbeitszeit von 7,48 Stunden zu bewältigen.

Herausforderung: Mitarbeiterführung und -motivation

Dass sie als Küchenchefin zugleich in der Budgetverantwortung steht, nimmt
Anja Trappe dank ihrer langjährigen Erfahrung gelassen: „Ich muss die Budgets ja nicht erstellen, sondern aus meinem Budget das Beste machen.“ Als vielleicht größte Herausforderung im Rahmen ihrer Führungsrolle nennt die Küchenchefin ihre Aufgaben rund um Mitarbeiterführung und -motivation. „Es gibt viele unterschiedliche Charaktere mit individuellen Geschichten und Befindlichkeiten im Team. Je mehr ihre persönlichen Wünsche und Probleme in den Ring werfen, umso anspruchsvoller wird die Moderation und Führung. Die psychologischen Aufgaben in meiner Position sind enorm, auch weil viele Kolleginnen und Kollegen ihre Konflikte heutzutage nicht mehr direkt untereinander austragen wollen. Ich versuche jedoch, sie dazu zu bringen, dass sie miteinander reden und nicht übereinander.“

Am meisten geprägt hat Anja Trappe nach eigenen Worten ihr eigener Ausbilder und langjähriger Küchendirektor Peter Schmidt. „Er hat mir beigebracht, mit offenen Augen durch den Alltag zu gehen, Aufgaben zu priorisieren und den Leuten nicht immer nach dem Mund zu reden.“ Als Ja-Sagerin sieht sich die 41-Jährige ohnehin nicht, und Frauen in der Profiküche beurteilt sie längst als gleichberechtigt. Mehr noch: „Unsere weiblichen Azubis sind zielstrebig, fokussiert und wissen, was sie wollen.“ Anja Trappe ist überzeugt, dass es sich in Zeiten des Fachkräftemangels mehr denn je lohnt, Koch oder Köchin zu werden. „Es ist ein Beruf mit sehr, sehr viel Zukunft. Wer ihn jetzt erlernt und dabei einen gesunden Ehrgeiz an den Tag legt, kann sich später die Jobs aussuchen. Und die werden“, setzt sie hinzu, „inzwischen Gott sei Dank deutlich besser bezahlt wie früher und lassen in Betrieben mit geregelten Arbeitszeiten wie dem Öschberghof auch eine gesunde Work-Life-Balance zu.“

„Je mehr Verantwortung man übernimmt, umso mehr entfernt man sich von dem, wofür man den Beruf eigentlich mal gelernt hat.“

Anja Trappe,
Küchenchefin Esszimmer,
Hotel Der Öschberghof

Text: Sabine Romeis
Fotos: Der Öschberghof; chefs!