Julia Komp
Ein Traum aus 1000 und einer Nacht
In Rekordzeit hat Julia Komp ihren Traum von der Selbstständigkeit umgesetzt. In den Räumen des ehemaligen L‘Accento in Köln hat sie ihr Fine-Dining-Restaurant Sahila und die Mezzebar Yu*lia eröffnet
„Eine bessere Nachfolgerin für unser L‘Accento hätten wir nicht finden können“, sagt Marisa Medaina, und ihr Mann Franco nickt bestätigend. „Julia kocht mit Herz, genau wie wir es hier 30 Jahre lang gemacht haben. Sie und ihr Lebenspartner Yunus sind ein tolles Duo und haben hier etwas wunderbares Neues geschaffen.“ Das L‘Accento, einst Inbegriff für italienische Küche in der Kölner Innenstadt, heißt jetzt Sahila bzw. Yu*lia und ist die neue Wirkungsstätte von Julia Komp, ehemals Deutschlands jüngste Sterneköchin. Am 15. September hat die 32-Jährige das Restaurant vom Ehepaar Medaina übernommen, das in den Ruhestand gegangen ist.
Das erste Objekt war das richtige
Ein wenig klingt es wie eine wunderschöne, aber wenig realistische Geschichte aus 1000 und einer Nacht, wie Julia Komp nach ihrem Abschied aus dem Kölner Lokschuppen im Sommer 2021 binnen kürzester Zeit eine geeignete Wirkungsstätte für die Umsetzung ihres großen Traums von der Selbstständigkeit fand. „Ich habe mir nur ein einziges Objekt angeschaut, und genau dieses Objekt war auf Anhieb das richtige“, berichtet Julia Komp. Das Ehepaar Medaina bestätigt: „Mit Julia haben wir uns direkt verstanden, innerhalb eines Monats war alles unter Dach und Fach.“
Während der folgenden drei Monate wurde unter Regie der neuen Mieterin in den beiden Gasträumen ziemlich viel umgebaut und eine komplett neue Küche installiert. Eine Woche waren Julia Komp und Yunus Özananar in der Medina von Marrakesch unterwegs, um originale Deko-Elemente und Einrichtungsgegenstände aus Marokko auszusuchen und über eine Frauenkooperative bei kleinen Manufakturen und lokalen Handwerkern in Auftrag zu geben. Bereits kurz vor Weihnachten empfing Julia Komp mit ihrem 15-köpfigen Team dann im Rahmen des Soft-Openings die ersten Gäste im authentisch orientalischen Ambiente des Gourmet-Restaurants Sahila und der Mezzebar Yu*lia.
Jedes Menü ist eine Weltreise
„Jedes Menü ist eine Weltreise“ lautet das Motto im Fine-Dining-Restaurant Sahila mit 22 Plätzen. Für die Menüs lässt sich Julia Komp von Rezepten inspirieren lassen, die sie während ihrer 14-monatigen Weltreise in 2019/20 in Europa, Asien und dem Orient gesammelt hat. „Ein Besuch im Sahila entführt unsere Gäste in eine andere Welt. Mit jedem Menü möchte ich etwas Außergewöhnliches bieten und die Gäste in einen Kurzurlaub vom Alltag mitnehmen“, erklärt die Jung-unternehmerin ihr Konzept. Die Karte im Sahila wechselt alle sechs Wochen. In der legeren Mezzebar Yu*lia, die mit dem Sahila über einen Innenhof verbunden ist, können sich die Gäste auf orientalische Köstlichkeiten zum Teilen und Genießen freuen. Auf großen Platten und handgetöpfertem Geschirr aus Marokko werden Vorspeisen und Gerichte aus Marokko, Tunesien, dem Libanon, der Türkei und Griechenland serviert.
Jeden Abend ausgebucht
Mit dem zweigeteilten Konzept will Julia Komp unterschiedliche Gästetypen anziehen, von chic bis casual, und letztendlich auch die Wirtschaftlichkeit ihres Projekts sichern, für das sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Kredit aufgenommen hat. „Ich hatte Glück, dass ich seit mehreren Jahren ein Geschäft für Partyservice und Showcooking angemeldet habe. So habe ich ohne große Schwierigkeiten einen Kredit bei der KfW-Bank für die Geschäftserweiterung bekommen. Hätte ich das Geld für eine Neugründung gebraucht, wäre es mit Sicherheit viel schwieriger geworden, die Finanzierung auf die Beine zu stellen.
Julia Komps Traum vom eigenen Fine-Dining-Restaurant ist wahr geworden, und der enorm gute Zuspruch der Gäste in den Wochen seit der Eröffnung entschädigt sie für den nervenzehrenden Kraftakt in den vergangenen Monaten. Die beiden Restaurants sind seit der Eröffnung jeden Abend ausgebucht.
Kochen ohne Druck und Stress
Ihr Team aus anfangs 15 Mitarbeiter*innen ist inzwischen weiter gewachsen auf fast 20 Köpfe, insgesamt zehn in der Küche. Der Frauenanteil ist hoch. Julia Komp versteht sich als empathische Führungskraft: „Oft herrschen in der Spitzengastronomie harte Arbeitszeiten, und die Stimmung in der Küche ist geprägt von Druck und Stress. Das will ich anders machen.“
Ehrlich gibt sie zu, dass sie die Herausforderungen, die eine Restauranteröffnung in Pandemiezeiten mit sich bringt, untergeschätzt hat: „Es war schwierig, alles rechtzeitig fertig zu bekommen. Viele Lieferant*innen hatten Lieferprobleme. Die letzte Sendung aus Marokko kam verspätet an. Noch immer sind die bevorzugten Lebensmittel für unser Menü sind nicht immer verfügbar. Zudem sind die Lebensmittelpreise explodiert.“ Julia Komp blickt zuversichtlich in die Zukunft und sagt: „Ohne Yunus hätte ich es nicht gemacht. Ganz allein hätte ich mir dieses Projekt nicht zugetraut. Ich brauche jemand für die wirtschaftliche Seite des Geschäfts, sonst hätte ich keine Zeit für die Küche. Doch das ist es, was ich von ganzem Herzen will: kochen.“
Text: Sabine Romeis
Fotos: Melanie Bauer