Green Beetle
Grüner Käfer für München
Keine 200 Meter vom Käfer-Stammhaus in München entfernt wurde das vegetarische Restaurant Green Beetle eröffnet. Nicht nur das F&B-Angebot, sondern das Gesamtkonzept basiert auf Ökologie und Nachhaltigkeit
Käfer goes Green: Unter diesem Motto hat das bekannte Münchner Familienunternehmen bereits im vergangenen Jahr eine große Nachhaltigkeitsinitiative für die ganze Gruppe gestartet. Im Fokus stehen Strategien und Maßnahmen für alle Bereiche von Käfer-Einzelhandel und Käfer-Gastronomie, um Lebensmittelauswahl und Speisen, aber auch Technik, Ausstattung und Logistik im Hinblick auf Ökologie und Fair Trade sowie Müllvermeidung und Food Waste, den Einsatz umweltfreundlicher Materialien sowie einen geringeren Energieaufwand und CO2-Ausstoß zu optimieren.
Ein Leuchtturmprojekt in diesem Kontext ist das vegetarisch-vegane Restaurant Green Beetle, das jüngst unweit vom Käfer-Stammhaus in der Schumannstraße 9 eröffnet wurde. Ob Speisen oder Getränke, Fliesen oder Wandverkleidungen, Küchentechnik oder Möbel: Hier wurde das gesamte Konzept von Anfang an auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Trotz Fokussierung auf Umwelt, Gesundheit & Co. soll das Green Beetle vor allem eines sein: ein Ort des entspannten Genusses und des gemeinsamen Erlebnisses.
Fleischlos essen ohne Verzicht
Dass eine vegetarische oder vegane Küche keineswegs Verzicht auf Genuss bedeuten muss, beweist Felix Adebahr, der junge Küchenchef im Green Beetle. Ob Gemüse, Knollen, Pilze, Kräuter oder Früchte – Felix Adebahr setzt auf ausgetüftelte Kombinationen, schonende Gartechniken, natürliche Röstaromen und nachhaltige Verfahren wie Fermentieren, Einwecken und Pickeln. So schafft er neue, spannende Geschmackserlebnisse, bei denen der Gast Fleisch und Fisch nicht vermisst.
Nicht nur beim Speisenangebot, auch für die Getränkekarte gilt das Prinzip der Nachhaltigkeit. Bei der Auswahl der Lieferanten wurde darauf geachtet, dass sie lokal produzieren. 99 Prozent der im Green Beetle angebotenen Weine sind Bio-zertifiziert und korkfrei, der Bio-Kaffee kommt aus regionaler Produktion und der Tee wird lose ohne Beutel gereicht. Alle verwendeten Produkte stammen aus ökologisch verantwortungsvollen Quellen, wobei die Vielfalt, für die Käfer steht, erhalten bleibt. Das heißt: Auch weitgereiste, exotische Lebensmittel sind in Maßen erlaubt, sie werden jedoch mit Blick auf Fair Trade und Bio-Anbau ausgewählt.
Regionale und saisonale Zutaten
Wo immer möglich, greift die Küche aber auf regionale und saisonale Erzeugnisse zurück. Nur einige Beispiele: Im Sommer sammelt die Küchencrew Wildkräuter im Englischen Garten. Obst, Gemüse und weitere Wildkräuter bezieht Felix Adebahr von Kinara, dem Unternehmen von Johannes Schwarz. Alle Erzeugnisse des Haus- und Hofgärtners der Münchner Gourmetszene sind Bio-zertifiziert. Pilze liefert Feinkost Zollner aus Bruck bei Regensburg. Weitere regionale Produkte wie Quinoa oder Topinambur bezieht Felix Adebahr vom Obsthof Knab und der Topinambur Manufaktur Bayern.
Nachhaltige Kochjacken und vegane Sneaker
Nicht nur die ausgewählten Lebensmittel und Zutaten, sondern auch die Kleidung und die Schuhe von Köchen, Bar- und Servicemitarbeiter*innen sind ein wichtiger Baustein des Käfer goes Green-Konzepts. Die nachhaltige Berufsbekleidung kommt von Kaya & Kato. Die Marke setzt beim Material auf den innovativen Mix aus Bio-Baumwolle und Polyester aus recyceltem Plastikmüll aus dem Meer. Dazu tragen die Mitarbeiter*innen vegane Sneaker von Monaco Ducks. Der Schuh wird aus einer Lederalternative gefertigt, die größtenteils aus italienischem Traubentrester – also den festen Resten aus der Weinherstellung – besteht. Darüber hinaus tragen weitere Regeln zur Nachhaltigkeit des Green Beetle-Konzepts bei:
- Verzicht auf gedruckte Karten, stattdessen Digitalisierung der Speise- und Getränkekarten sowie Verwendung von QR-Codes und Tablets
- Weitestgehender Verzicht auf Einwegmaterialien, Tischwäsche und nicht notwendige Getränkedekoration wie Stirrer oder Plastikstrohhalme
- Nachhaltige Kerzen aus pflanzenbasiertem Öl
- Verpackungsmaterialien aus Karton, Pappe oder Papier
- Reinigungsmittel mit leicht abbaubaren Inhaltsstoffen aus Großgebinden, die in Spenderflaschen aus recyceltem Glas oder Ton umgefüllt werden
- Verzicht auf aggressive Chemikalien bei der Oberflächenreinigung
- Reduzierung der Stromversorgung außerhalb der Betriebszeiten und Abschaltung von Geräten, wo möglich
Das Restaurant Green Beetle bietet sowohl innen als auch auf der Terrasse jeweils ca. 80 Plätze. Für die Gestaltung zeichnete das Architekten- und Interiordesigner-Duo Mang Mauritz im Dialog mit Käfer verantwortlich. Thomas Mang, Stefan Mauritz und die Projektverantwortlichen bei Käfer haben bei der Auswahl der Materialien besonders darauf geachtet, mit Respekt vor Ressourcen, Manufakturhandwerk und Nachhaltigkeit zu arbeiten und so die kulinarische Philosophie des Green Beetle auf die Gestaltung zu übertragen. Einige Beispiele: Die Fliesen bestehen komplett aus recyceltem Material, sie wurden aus alten Scherben neu gebrannt. Für den Boden wurde ein 40 Jahre alter Parkettboden aus einer Turnhalle recycelt und eingesetzt. Die Granitplatte im Eingang wiederum besteht aus wiederverwendeten Steinplatten aus der Dresdner Innenstadt.
Kalkputz mit Stroh und Nussschalen
Die Wandoberflächen wurden von der Werkstatt Übelacker aus Garching bei München gefertigt. Für eine lebendige Optik und Haptik wurde der von Hand angerührte Kalkputz in einer Spachteltechnik mit Stroh und Nussschalen verarbeitet und mit einer mineralischen Lasur fixiert. Bei den Deko-Textilien für den Innenbereich entschieden sich Mang Mauritz für Manufakturen, die nachhaltige Stoffe aus Plastik weben oder aus alten Stoffen herstellen. Statt neue Stoffe zu produzieren, werden bei diesem umweltfreundlichen Upcycling Textilreste, Plastikmüll und/oder aus der Modeindustrie recycelte Garne verwendet. Als Materialien dienen darüber hinaus Reststoffe, die bei der Produktion abfallen, sowie Farb- und Musterproben.
Die zylindrischen Leuchten im Innenbereich entwickelte Highsociety, ein Start-up aus Südtirol. Das Material für ihre Objekte wird aus Abfällen von Tabak, Hanf, Wein und Bier gewonnen. Weitere Leuchtobjekte stammen von Peralta Vidavi, sie sind mit nachhaltigen Stoffen von Designers Guild verarbeitet. Für die Stühle im Innenbereich wurde ausschließlich Holz aus zertifizierten Beständen und weitestgehend lokalen Quellen verwendet und mit ökologischer Farbe lackiert. Bemerkenswert ist auch der Verzicht auf Schrauben oder Metallteile. Für den Außenbereich fiel die Wahl auf die Kollektionen von Mater – der Ocean Stuhl aus Meeresmüll besteht aus einem Stahlgestell mit brünierter Oberfläche sowie Sitz und Rückenlehne aus recycelten Fischernetzen, Hartkunststoff aus dem Ozean und den Plastikabfällen ausrangierter Bierfässer. Alle Holzdielen im Außenbereich sind recycelte Massivholzdielen oder alte Schalungsbretter.
6 Fragen an Green Beetle-Küchenchef Felix Adebahr
Wie kocht man ohne Fleisch und Fisch?
Sie haben schon im Tantris, im Schumanns, in der Herzog Bar und zuletzt im Esszimmer bei 2-Sterne-Koch Bobby Bräuer gearbeitet. Jetzt sind Sie Küchenchef im Green Beetle. Was sind die größten Unterschiede zur Küche, die Sie früher gemacht haben?
Adebahr: Der Unterschied besteht eigentlich nur darin, dass Fleisch und Fisch als Zutaten nicht zur Verfügung stehen. Unser Anspruch an Qualität und die Liebe und Intensivität, mit der wir uns der Verarbeitung der Produkte widmen, liegt auf Sterneniveau. Gleichwohl haben wir im Green Beetle keine Sterneambitionen. Wir wollen in München vielmehr die große Lücke schließen zwischen den Lokalen mit einfachem vegetarischen Essen und dem Tian, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist.
Konnten Sie auf Ihren bisherigen Stationen bereits Erfahrungen mit vegetarisch-veganer Küche sammeln?
Adebahr: Ich war schon immer ein beilagenaffiner Koch. Der Entremetier ist einer meiner Lieblingsposten, und da hat man es ja viel mit Gemüse & Co. zu tun. Seit ich in meiner neuen Position bin, weiß ich, dass man extrem viel über vegetarisch-vegane Küche lernt, wenn man gezwungen ist, sie umzusetzen, sprich Fleisch und Fisch wegzulassen.Wie gehen Sie die Entwicklung der Gerichte an?
Adebahr: Ich stelle mir ein Gericht vor, wie ich es mit tierischen Zutaten kochen würde, und überlege dann, wie ich zum Beispiel eine Bindung ohne tierische Gelatine, Ei oder Milcheiweiß hinbekomme. Ich überlege mir, wie ich auch ohne Fleisch geschmacklich eine tiefe Fleischeslust, sprich Umami, auf den Teller bekomme. Die Gäste sollen schließlich nicht das Gefühl haben, dass sie Beilagen essen und auf Genuss verzichten müssen.
Was sind Ergebnisse dieser Überlegungen?
Adebahr: Zum Beispiel unsere vegane Jus, die wir aktuell zur Kartoffelterrine servieren. Sie hat eine tolle intensive Farbe und eine unheimliche Tiefe, sodass sie geschmacklich von einer Fleischjus nicht zu unterscheiden ist.Wie gelingt Ihnen das?
Adebahr: Wir stellen sie mit Wurzelgemüse und reichlich Zwiebeln als Basis, Apfelsaft und Miso her. Die Zwiebeln sorgen für Bindung und Süße, Miso für die geschmackliche Tiefe. Wurzelgemüse und Zwiebeln werden mit Agavendicksaft ganz langsam angeröstet und karamellisiert, mit Miso, Apfelsaft und anderen Fruchtsäften abgelöscht, langsam eingekocht und wieder abgelöscht. Das Prinzip der Jusherstellung bleibt, nur die Zutaten sind andere.
Auf welche Gerichte auf der Green Beetle-Karte sind Sie besonders stolz?
Adebahr: Zum Beispiel auf unseren veganen Caesar Salad mit Mayonnaise aus Kichererbsenwasser, Sardellen aus Auberginen, Noriflocken und Apfelessig, Bacon aus Tomaten-Auberginen-Öl sowie Parmesan aus Cashewkernen und Kichererbsen. Green Beetle-Patron Bobby Bräuer hat den veganen Caesar Salad probiert und war begeistert, er hat keinerlei Unterschied geschmeckt zum Original. Es ist toll, wenn man ein solches Feedback bekommt.
Interview: Sabine Romeis
Fotos: Green Beetle